Rottweiler-Züchter wenden sich an Stoiber
Schweinfurt/Bayern, 6.5.01
"Er ist intelligent, anhänglich und treu", sagen die einen. "Er bedeutet eine Gefahr für den Menschen", fürchten die anderen. Die einen, das sind Rottweiler-Züchter wie der Schonunger Thomas Peuschel. Zu den anderen gehören Ministerpräsident Stoiber und Innenminister Beckstein. Sie wollen den Rottweiler zum Kampfhund erklären.
"Die bayerische Kampfhundeverordnung von 1992 wird um sieben Hunderassen erweitert", heißt es in einer Pressemitteilung des Bayerischen Innenministeriums. Neue Erkenntnisse hätten ergeben, dass Rottweiler aufgrund ihrer Muskel- und Beißkraft und ihres Temperaments eine besondere Gefahr für den Menschen darstellen könnten. In Schweinfurt Stadt und Land wären laut Thomas Peuschel, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit des Allgemeinen Deutschen Rottweiler-Klubs (ADRK) mit einem Vereinsgelände bei Sennfeld, etwa 100 Rottweiler von dieser Verordnung betroffen. "Rund 80 dieser Tiere sind bei uns im Verein", sagt der Züchter. Der ADRK wehrt sich entschieden dagegen, dass der Rottweiler ein Kampfhund ist. Demnach wurde der Rottweiler nie auf Kampfhundeeigenschaften gezüchtet. Vielmehr handelt es sich um eine alte deutsche Gebrauchshunderasse. Der Rottweiler zeichnet sich laut ADRK durch hohe Intelligenz und Lernfähigkeit, Anhänglichkeit und Treue, mittleres Temperament, Nervenstärke und Robustheit aus. Die für die Beurteilung herangezogene "Beißstatistik" von 1997/98 soll die Gefährlichkeit des Rottweilers belegen. Dort steht er auf Platz drei. Mischlinge und Schäferhunde belegen die Plätze eins und zwei. Laut Ulrike Frowein, Pressereferentin beim Verbraucherschutzministerium, müsse man dies allerdings auf die Population beziehen. Schäferhunde und Mischlinge gebe es schließlich wesentlich mehr als Rottweiler. "Und trotzdem belegt er Platz drei." "Allein durch seine Größe und sein Gewicht kann der Rottweiler schon Schäden anrichten", meint Frowein. Dabei wiegt der Rottweiler gerade mal 50 Kilo, kontert Peuschel: "Bernhardiner können sogar 80 Kilo wiegen, Kuvasz oder Komondor immerhin 60 Kilo". Von diesen Hunden taucht keiner auf der Rasseliste auf. Eigentlich hätte die Kampfhundeverordnung zum 1. August geändert werden sollen. Laut Pressemitteilung des ADRK führten aber zahlreiche Schreiben und E-Mails von Rottweiler-Liebhabern an Ministerpräsident Edmund Stoiber, Innenminister Günther Beckstein sowie den Verbraucherschutzminister Eberhard Sinner zu Nachdenklichkeit. Die Erweiterung der bayerischen Rasseliste wird nochmals überdacht. Bereits 1992 trat die Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in Kraft. Ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes von 1994 verpflichtet den Gesetzgeber, "geeignete Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit zu ergreifen", wenn neue Erkenntnisse über die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen vorliegen. Auffallend ist, dass es noch 2000 in einem Vermerk des Innenministeriums zum Thema Kampfhunde hieß: "Gelegentlich geäußerte Überlegungen, die Zulassung von Hunden nicht von der Rassezugehörigkeit, sondern von der Stockgröße abhängig zu machen, werden in Bayern abgelehnt." Eine solche Regelung sei zum einen praktisch nicht vollziehbar, weil damit zahllose Hunde ständig überprüft werden müssten. Zum anderen wäre sie unverhältnismäßig, da in aller Regel von Rottweilern, Schäferhunden und ähnlichen Rassen generell keine Gefahr ausgehe. Bei Hunderassen wie Dogge, Dobermann und Rottweiler handele es sich um seit jeher gehaltene Hunde, über die Züchter und Halter einen größeren Erfahrungsschatz hätten als bei anderen, in Deutschland erst in jüngerer Zeit heimischen Rassen. Dies führte der Bayerische Verfassungsgerichtshof 1994 in seinem Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der bayerischen Regelung aus. Es drängt sich die Frage auf, ob sich eine Hunderasse innerhalb von nur sieben Jahren so verwandeln kann, dass eine Aufnahme auf die Rasseliste diskutiert wird. "Innerhalb von zehn Jahren lässt sich eine Hunderasse bezüglich des Charakters und des Aussehens verändern", weiß Peuschel: "Allerdings sind die Rottweiler-Metzgerhunde heute noch genauso wenig aggressiv wie vor sieben Jahren. Denn beim ADRK werden nur Hunde, die die Wesensprüfung bestanden haben, zur Zucht zugelassen." Die Wesenskontrolle gäbe es seit 1933. Auffällige oder aggressive Tiere seien von der Zucht ausgeschlossen. "Im Laufe des Herbstes wird die Rasseliste auf jeden Fall erweitert, ob mit oder ohne Rottweiler stehe noch nicht fest. Die anderen Hunde sind unstrittig und wirklich gefährlich", informiert Ulrike Frowein, Pressereferentin beim Verbraucherschutzministerium. Wenn der Rottweiler auf die Liste kommt, so bedeutet dies: "Er wird in die Kategorie zwei eingeordnet und somit besteht Leinen und/oder Maulkorbzwang. Das wird von den Kommunen geregelt". Doch genau das möchte der ADRK laut Peuschel nicht. Denn: "Der Rottweiler gehört auf keinen Fall auf die Rasseliste und in die Kategorie zwei".
Quelle: hundejo.de
Es gibt zwar gefährliche Hunde , aber keine gefährlichen Rassen !
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