Dr. Petra A. Mertens, Institut für Tierhygiene, Verhaltenskunde und Tierschutz der Ludwig-Maximilians-Universität, Schwere-Reiter-Straße 9, 80797 München Verhaltensphysiologische und empirische Untersuchungen zur Dominanzaggression des Hundes
Dr. Petra A. Mertens Aggressive Verhaltensweisen des Hundes stellen ein wichtiges Problem in der Hundezucht dar, das durch die aktuelle Diskussion zum Verbot einzelner Rassen erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Auffällig ist, daß bestimmte Rassen, beziehungsweise einzelne Linien, wie beispielsweise beim Cocker und Springer Spaniel, Berner Sennenhund, Rottweiler, verschiedenen Terriern und Golden Retriever häufiger betroffen sind als andere. Entscheidend für die Entwicklung der Dominanzaggression des Hundes sind sowohl genetische Faktoren, Neurotransmittersysteme, die im zentralen Nervensystem für die Steuerung von Emotionen verantwortlich gemacht werden (vor allem Serotonin) und die Umwelt des Hundes, die im wesentlichen vom Halter geprägt wird. Die Therapie der Dominanzaggression ist begrenzt erfolgreich, da verschiedene Faktoren, wie Rasse, Alter, Geschlecht des Hundes, aber auch die Fähigkeit und Motivation des Halters, großen Einfluß auf den Erfolg einer Therapie haben. Häufig ist es unvermeidlich, betroffene Hunde abzugeben oder zum Schutz der Besitzer zu euthanasieren. Um dieses Tierschutzproblem wirksam zu lösen, ist es sinnvoll, entsprechende züchterische Maßnahmen einzuleiten, mit deren Hilfe die derzeitige Entwicklung gestoppt werden kann. Einzelne Rasseverbände haben zu diesem Zweck sogenannte Wesenstest eingeführt und zur Voraussetzung für Zuchtzulassungen gemacht. Diese Tests erweisen sich aber nur bedingt als zuverlässig und sind mit diversen Problemen verbunden. Daher wird versucht, objektive Parameter zur Beurteilung des Wesens von Hunden einzusetzen, die eine zuverlässigere Aussage erlauben. Die geplante Untersuchung soll Aufschluß darüber geben, in welchem Maß Serotonin (5HT) aggressive Verhaltensweisen des Hundes beeinflußt und welchen Anteil genetische Faktoren sowie Umwelteinflüsse auf dominanzbezogene Verhaltensweisen des Hundes haben. Ergebnisse der geplanten Untersuchungen sollen zur objektiven Beurteilung der Wesensmerkmale von Hunden, beziehungsweise der Prädisposition der Tiere, dienen. Die Studie ist für einen Zeitraum vom 18 Monaten (1/98–5/99) geplant und gliedert sich in 6 Abschnitte: Einfluß von Alter, Geschlecht, Rasse und circadianer Rhythmik auf 5-HT Konzentrationen im Plasma des Hundes, Korrelation zentral- (Liquor) und peripher (Plasma) gemessener 5-HT Konzentrationen beim Hund, Unterschiede der 5-HT Konzentrationen bei dominanzaggressiven und nicht aggressiven Hunden, Medikamentöse Beeinflussung aggressiver Verhaltensweisen durch Hemmung der 5HT-Wiederaufnahme am Rezeptor, Analyse des Einflusses von Aufzucht- und Haltungsfaktoren auf die Entwicklung aggressiver Verhaltensweisen des Hundes, Untersuchung möglicher genetischer Einflüsse auf die Entstehung der Dominanzaggression. Zur Bestimmung des Einflusses der Faktoren Alter, Geschlecht, Rasse und circadiane Rhythmik sollen Plasmaproben von verhaltensunauffälligen Hunden einer Versuchstierhaltung (Beagle, Labrador) entnommen werden. Um sicher zu stellen, daß zentral gemessene 5HT-Konzentrationen mit denjenigen verglichen werden können, die peripher im Plasma gemessen werden, sollen bei gesunden, nicht aggressiven Hunden, die unter standardisierten Bedingungen gehalten werden, parallel Plasma- und Liquorproben entnommen werden (Blut: vor Anästhesie, Blut und Liquor parallel unter Anästhesie). Für den Vergleich aggressiver und nicht aggressiver Hunde sollen Proben der verhaltensunauffälligen Hunde denjenigen Proben gegenüber gestellt werden, die von Hunden stammen, die aufgrund aggressiver Verhaltensweisen in der verhaltenstherapeutischen Sprechstunde des Instituts für Tierhygiene, Verhaltenskunde und Tierschutz der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München vorgestellt werden. Die Hunde werden im Rahmen der differentialdiagnostischen Abklärung in der 1. Medizinischen Tierklinik der LMU neurologisch untersucht, wobei unter anderem eine Liquorpunktion durchgeführt wird. Die Hunde werden nach Ausschluß möglicher organischer Schäden, die Ursache aggressiven Verhaltens sein können, für mindestens zwei Monate mit einem selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmer (Fluoxetin®, Eli Lilly) behandelt, der Neurotransmitterimbalanzen ausgleicht und wie beim Menschen bei vergleichbaren Problemen mit großem Erfolg eingesetzt wird. Die Tiere werden während der Behandlung in 4wöchigen Abständen vorgestellt und untersucht. Die Verhaltensweisen des Hundes werden vom jeweiligen Besitzer wöchentlich beurteilt, auf standardisierten Fragebögen festgehalten und mit den Ergebnissen der Eingangsuntersuchung (Basislinie) verglichen. Den Hunden wird im Verlauf der Eingangsuntersuchung und nach Abschluß der Behandlungsperiode je eine Blutprobe entnommen. Neben Blutchemie und Blutbild (Differentialdiagnostik) werden 5-HT-Konzentrationen bestimmt, um feststellen zu können, ob mit Hilfe des Wirkstoffes ein Anstieg der Konzentrationen bewirkt wurde. Zusätzlich wird mit Hilfe einer Fragebogenaktion eine Stichprobe der Halter von Hunden zweier Rassen (Golden Retriever und Bull Terrier) befragt. Die hierfür verwendeten Fragebögen enthalten Fragen zu Rasse, Herkunft, Aufzucht, Haltung sowie zu entsprechenden Verhaltensweisen, die verdeutlichen, welchen Rang der Hund innerhalb des Sozialverbands einnimmt und ob Hinweise auf dominanzaggressive Verhaltensweisen gegeben sind. Im Rahmen der Besitzerbefragung werden die Tierhalter und Züchter gebeten, Auskunft über die Abstammung der Hunde zu geben. Hierdurch sollen Daten dominanzaggressiver und nicht aggressiver Hunde gesammelt und hinsichtlich potentieller genetische Einflußfaktoren untersucht werden.
Arroganz ist Ignoranz in Toleranz
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