AG Rheinberg "Schlampe" (Az: 2 Ds 397/95)
Jemand bezeichnete im Rahmen einer Chatdiskussion seine Ex-Freundin als "Schlampe". Einstellungsbeschluß nach § 153 StPO vom 12. Februar 1996 nach Anklageerhebung.
LG Potsdam "Tolerantes Brandenburg", (Az: 3 O 317/99)
Die Verfügungsbeklagte, das Land Brandenburg, ist Trägerin einer Initiative zur Förderung von Meinungsvielfalt und Toleranz gegenüber Ansichten anderer Menschen. In diesem Zusammenhang hat sie einen Internet-Wettbewerb veranstaltet, bei dem Jugendliche und junge Erwachsene aufgefordert wurden, zu diesem Thema Stellung zu nehmen.
Die Verfügungsbeklagte machte dabei in verschiedenen Stellen ihrer Homepage darauf aufmerksam, daß sie keine Verantwortung für die in dem Wettbewerb befindlichen Beiträge übernehme. Im Rahmen des Wettbewerbs wurde ein Beitrag zweier Jugendlicher mit der Überschrift "Ausländerfeindlichkeit und Rassismus: CDU besetzt faschistische Themen", im Internet veröffentlicht. Die Namen der beiden Autoren werden im Impressum genannt.
In einem offenen Brief wandte sich die Verfügungsklägerin an die Brandenburger Ministerin für Bildung, Jugend und Sport mit der Aufforderung, diesen Beitrag zu löschen und in Zukunft alle Beiträge rechtlich überprüfen zu lassen. Diese ließ den Beitrag auf Strafrechts- und Jugendschutzrelevanz durch Mitarbeiter des Ministeriums; prüfen. Nach Abschluß dieser Prüfung erschien dieser Beitrag wieder auf der o.g. Internetseite. In dem Antwortschreiben an die Verfügungsklägerin vom 17.06.1999 stellte die Ministerin heraus, daß es sich bei diesem Wettbewerb nicht um einen "Regierungswettbewerb" handele und sich die Landesregierung nicht mit der politischen Zielsetzung dieses Artikels identifiziere.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, daß die Überschrift des Artikels "CDU besetzt faschistische Themen" eine unwahre Tatsache und Behauptung darstellt und die Verfügungsbeklagte für die Verbreitung des Artikels und der in diesem enthaltenen Äußerungen haftet.
Das LG Potsdam hat die beantragte einstweilige Verfügung nicht erlassen. Hierbei ging es von folgenden Erwägungen aus:
Ein Anspruch der Verfügungsklägerin scheitert zumindest an der fehlenden Verantwortlichkeit der Verfügungsbeklagten für den Inhalt der beanstandeten Überschrift. Maßgeblich ist, ob die Verfügungsbeklagte einen Tatbeitrag geleistet hat, der einen Unterlassungsanspruch gegen sie rechtfertigen könnte. Dies ist nach Auffassung der Kammer zu verneinen.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH auch eine Haftung des Medienbetreibers für fremde Inhalte in Frage kommen, die durch dessen Medium transportiert werden (vgl. BGH NJW 1996, 1131 (1132). Jedoch hat der BGH in seiner gefestigten Rechtsprechung zwei Ausnahmen entwickelt: Zum einen lehnt der BGH eine Haftung des Medienbetreibers dann ab, wenn ein Medium gewissermaßen nur als "Markt" der verschiedenen Ansichten und Richtungen in Erscheinung tritt. Dann widerspräche es dem Wesen des Mediums und seiner Funktion, es neben oder gar anstelle des eigentlichen Urhebers der Äußerung in Anspruch zu nehmen" (BGH NJW 1976, 1198 (1199) zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch unrichtige Darstellung im Fernsehen). Diese Rechtsprechung hat der BGH später fortentwickelt, indem er ausführte, daß eine Haftung des Verbreiters jedenfalls dann in Betracht komme, wenn "das Verbreiten nicht schlicht Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes ist, welcher gleichsam wie auf einem "Markt der Meinungen" Äußerungen und Stellungnahmen verschiedener Seiten zusammen "und gegenübergestellt werden" (BGH NJW 1996, 1131 (1132) unter Verweis auf BGH NJW 1970, 187).
Als zusätzliches Kriterium für einen Haftungsausschluß verlangt der BGH die deutliche Distanzierung des Medienbetreibers von den Inhalten der durch ihn verbreiteten Erklärungen. So hat er entschieden, daß eine Haftung in Betracht kommt, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung desjenigen, der die Äußerung wiedergibt, fehlt (BGH NJW 1996, 1131 (1132). Diese für andere Medien vom BGH entwickelte Rechtsprechung ist nach Ansicht der Kammer auch auf das Medium Internet übertragbar.
Eine Haftung der Verfügungsbeklagten scheidet danach aus.
Urteil vom 08.07.1999
BVerfG "Wiederholung einer untersagten Äußerung über das Internet" (Az: 1 BvR 730/97)
Sind durch eine einstweilige Verfügung bestimmte Äußerungen untersagt worden, so erstreckt sich die Untersagung im Regelfall nicht nur auf völlig identische Äußerungen, sondern auch auf solche, die der Verkehr infolge ünverändertem Äußerungskern als gleichwertig ansieht.
Es kann offenbleiben, ob ein über das Internet verbreitetes Rundschreiben als Presseerzeugnis angesehen werden kann.
Das Recht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 I 1 GG) geht nicht so weit, daß eine Eigenberichterstattung mit wörtlicher Wiedergabe einer gerichtlich untersagten Äußerung zulässig ist.
Im Zusammenhang mit der Entführung von Herrn Reemtsma bezeichnete der Herausgeber einer periodisch erscheinenden Druckschrift den Entführten als "einer der größten Schweine" und wünschte den Entführten "viel Glück - wer immer ihr auch seid!". Diese Äußerung wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen einer einstweiligen Verfügung untersagt. Er wandte sich daraufhin über das Internet an seine Leserschaft und berichtete über das Urteil unter Wiederholung der untersagten Äußerung. Deswegen hat das Landgericht gegen ih ein Ordnungsgeld verhängt. Der Beschwerdeführer rügte, daß er als Journalist über eigene Gerichtsverfahren ebenso berichten könne, wie über einen fremden Prozeß. Das BVerfG hat die Beschwerde nicht angenommen (§ 93 a II BVerfGG). In dem Nichtannahmebeschluß sah das BVerfG den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten auf Pressefreiheit tangiert, wohl dagegen in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Dieser Eingriff ist im konkreten Fall jedoch als verfassungsrechtlich gerechtfertigt angesehen worde.
Beschluß vom 09. Juli 1997
Arroganz ist Ignoranz in Toleranz
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Gerechtigkeit ist Utopie